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TWO PLAY
TO KNOW

Zweites Treffen
15. Oktober 2019 / Kabelsketal

Michael Schönheit hat zum Arbeitstreffen nach Kabelsketal geladen. Von dem Treffen, und allem was davor geschah, berichtet P.A. Hülsenbeck im folgenden Interview.


Eure beiden musikalischen Biografien sind sehr unterschiedlich. Auf der einen Seite ein studierter und renommierter Organist, auf der anderen Seite ein Musiker mit bewegter Bandgeschichte, die in ein viel beachtetes Soloalbum mündet. Wie geht man mit diesen unterschiedlichen musikalischen Hintergründen aufeinander zu?

Ich denke, dass sich die Frage nach den unterschiedlichen musikalischen Kontexten in denen wir uns bewegen, insofern erübrigt, da es bei uns beiden unterschiedlich starke, genreübergreifende Einflüsse gibt. Michael Schönheit hat mich für unser erstes Treffen zur Orgelstunde in das Gewandhaus eingeladen - wir haben uns da das erste Mal über das Projekt unterhalten und uns gefragt wie wir es angehen wollen. Schlussendlich haben wir uns darauf geeinigt, dass nicht so viel schief gehen kann, da es ja um »Musik machen« geht. Auf dieser Einstellung basiert unsere Zusammenarbeit und ich finde das sehr entspannend.

Wie hast Du Dich Herrn Schönheit und seiner musikalischen Welt angenähert?

Michael Schönheits musikalischer Welt muss ich mich gar nicht so sehr annähern. Ich höre klassische Musik und als ich für dieses Projekt angefragt wurde, waren mir einige Orgelstücke bereits vertraut, andere habe ich neu entdeckt. Bei unserem zweiten Treffen im Großen Saal habe ich ihm eine Auswahl an Stücken vorgestellt und es war für mich spannend, zu erfahren, wo er Parallelen zu seiner musikalischen Welt, die ja mehrere Jahrhunderte umfasst, sieht.

Eine weitere Herausforderung, schon durch ihre überbordende Präsenz, ist die Schuke-Orgel im Großen Saal. Welche Facetten der Orgelmusik interessieren Dich besonders?

Die Präsenz der Orgel würde ich eigentlich gar nicht so als Herausforderung betrachten, sondern eher als unfassbar großes Spielzeug. Die Orgel hat ein riesiges Klangspektrum und stellt quasi ein Orchester dar. Das ergänzt sich ganz gut mit dem, was ich so mitbringe. Elektronische Instrumente sind ja so aufgebaut, dass man sich relativ schnell darin verlieren kann - durch die Orgel muss man sich limitieren und hat, durch das Instrument, eine Art Leitfaden. Vielleicht macht es das sogar leichter mit der Orgel zu arbeiten, als mit einem Computer. Klanglich finde ich die Orgel sehr interessant und bin gespannt auf das, was Michael Schönheit der Orgel, im Laufe der Zusammenarbeit, entlocken wird. Ich denke jeder hat eine Vorstellung davon, wie eine Orgel klingt oder klingen muss. Die Mechanik des Instruments als auch seine physische Größe ermöglichen sicherlich Klänge, die in der klassischen Orgelmusik so nicht vorkommen. Es wird interessant, was wir da so rausholen können.

Ihr habt Euch jetzt bereits mehrere Male getroffen und seid relativ schnell in einen Arbeitsmodus übergegangen. Kannst Du die kurze „Kennlernphase« aus Deiner Sicht, hinsichtlich Erwartungen, Anforderungen etc., näher beschreiben?

Michael Schönheit und ich haben uns beim ersten, schnellen Treffen über unsere Hintergründe unterhalten und vorgefühlt was der andere sich von der Zusammenarbeit erhofft. Deutlicher wurde dies bei unserem zweiten Treffen im Großen Saal. Wir haben uns musikalische Beispiele vorgestellt und Michael hat die unterschiedlichen Klangfarben der Orgel aufgezeigt, die Möglichkeiten zum Experiment bieten. Während des Treffens kam die Frage auf, ob Improvisation für mich ein Thema sei. Die Frage war für mich eine Erleichterung, da sie mir gezeigt hat, dass es ihm in unserer Zusammenarbeit nicht um ein komplett durchkomponiertes Stück geht, sondern auch darum, dass wir uns in unserem Zusammenspiel Freiräume geben können. Das letzte Treffen fand bei Michael Schönheit zuhause statt. Er hat da eine schöne, kleine Pfeiffenorgel stehen, Flügel, Klaviere und Hammerklaviere. Wir haben an den ersten drei musikalischen Skizzen, die ich mitgebracht habe, gearbeitet. Michael Schönheit hat für diese Skizzen Themen entwickelt und so hat sich grob ein Fahrplan für das gesamte Stück ergeben. Das ist jetzt alles noch ein provisorisches Gerüst, das uns zeigt, wie man es musikalisch bestücken kann. Thematisch ist die ganze Sache noch relativ offen. Generell finde ich den Annäherungsprozess, sei es zwischen zwei Personen oder einer Person und einer Sache, interessant. Im Prinzip betreten zwei Personen einen Raum. In unserem Fall ist das z. B. der Große Saal, der Michael Schönheit ja seit langem vertraut ist. Möglicherweise nimmt er ihn aber durch meinen »unvertrauten« Blick auf neue Art und Weise wahr. Ich frage mich, wie offen geht man in so einen Prozess, was passiert in dem Prozess mit beiden Komponenten und was kommt am Ende dabei raus. Thematisch klingt das vielleicht abstrakt, aber das sind die Prozesse, die ich beobachte und denen ich mich zu öffnen versuche.

Euer erstes Arbeitstreffen fand bei Herrn Schönheit zuhause statt. Was war das Ziel dieses Treffens?

Im ersten Arbeitstreffen ging es eigentlich um ganz rudimentäre, kompositorische Ansätze. Ich habe drei Stücke vorbereitet, wovon ich eines schon länger ausformulieren wollte. Mit dem gemeinsamen Projekt gibt es jetzt den Anlass und passenden Rahmen das Stück soweit auszuarbeiten, dass ich es Michael Schönheit übergeben kann um dann zu schauen, wie er damit umgeht. Equipmenttechnisch habe ich mich zurückgehalten und nur meinen Computer und ein Keyboard mitgebracht, um ganz einfache Sachen spielen zu können. Klanglich passiert dann viel mehr wenn wir erst mal an der Orgel im Großen Saal sind und ich weiß, was ich verwenden werde. Die Frage nach meiner Instrumentierung halte ich mir noch offen. Es kommt darauf an, wo die Stücke hingehen. Ich habe ein Stück für das Klavier geschrieben und beim nächsten Treffen schauen wir, ob wir das mit der Orgel kombinieren können.

Zeichnet sich nach diesem Treffen bereits eine Arbeitsteilung ab?

Wir arbeiten beide an den Ideen für die gemeinsamen Stücke. Für mich ist es interessant, Michael Schönheits Arbeitsweise zu beobachten. Ich hab bei dem Treffen drei erste Ansätze mitgebracht und er hat zu diesen Ansätzen Themen entwickelt. Das Ganze haben wir dann miteinander kombiniert. Es gibt in der Zusammenarbeit also keine klare Teilung. Diese wird sich sicherlich im Prozess zeigen und vor allem dann, wenn wir uns noch besser kennengelernt haben.

Wie organisiert Ihr Eure Zusammenarbeit?

Dadurch dass wir beide viel unterwegs und zeitlich stark eingebunden sind, waren unsere Treffen bisher, erstaunlich effizient, aber auf eine andere Art und Weise, wie ich das sonst eigentlich kenne. Wenn ich an eigenen Sachen arbeite, nehme ich mir oft viel Zeit und überlege wie und warum ich etwas gerade so möchte. Die Zusammenarbeit mit Michael Schönheit gestaltet sich intuitiver und die Ideen kommen schneller auf das Blatt.

Am 28. November stellt Ihr Euch in einem Portraitkonzert im Institut für Zukunft vor. Kannst Du schon sagen, wie Du Dich musikalisch vorstellen wirst und ob Ihr Euch aufeinander abstimmt?

Im Institut für Zukunft werde ich komplett neue, unveröffentlichte Musik spielen. Es wird außerdem das erste Mal sein, dass ich komplett Solo spiele. Michael Schönheit und ich stimmen uns für das Konzert nicht ab. Es geht ja darum zu zeigen, wo wir beide herkommen und was wir machen und es würde uns einengen, wenn wir versuchen uns an diesem Abend aneinander anzupassen. Ich glaube das Porträtkonzert wird am interessantesten, wenn jeder das macht, wonach ihm gerade ist.